Storytelling und Naturwissenschaften

„Durch Storys sehen wir die Welt. Wenn eine Story unser Herz und Hirn bewegt, dann hat sie in uns eine Bereitschaft geschaffen, etwas zu verändern.“ Vera F. Birkenbihl

Storytelling in Naturwissenschaften heißt mit Geschichten Wissen schaffen.

Geschichten und Naturwissenschaften passt das überhaupt?

Schließlich geht es um komplexe Fakten, mathematische Axiome und kompetente Formeln.

„Vertrau mir – ich erzähl‘ Geschichten“ lässt Jeanette Winterson Napoleons Koch in „Verlangen“ sagen. In den Episoden rund um Napoleon und den Russlandfeldzug erleben wir wie Henri, Hähnchenbrater seiner Majestät, den Glauben an sein Idol verliert. Wir lesen vom Krieg, von Kriegsbesessenheit und sinnlosen Opfern. Gleichzeitig fragen wir uns, ist das alles wahr? Allein diese Frage beweist: die Geschichte vom Koch klingt authentisch. Je authentischer eine Aussage ist, desto mehr vertrauen wir dem Erzähler. Er macht die Fakten nachvollziehbar und gibt uns Anknüpfungspunkte

Eine authentisch erzählte Geschichte schafft Identifikation

Und Identifikation bewirkt, was sture Paukerei selten schafft: spielerisch, wie nebenbei verankern sich Fakten als Wissen in unserem Gehirn.

In der Erzählung leben wir mit den Helden, wir speichern ihre Erfahrungen quasi als unsere Erfahrungen ab. Aus der Neurophysiologie ist bekannt, dass Erfahrungwissen besonders wertvoll ist, da wir es langfristig speichern und gleichzeitig unser Gehirn fit halten.

Diese Tatsache nutzt die Werbung schon lange. Wer erinnert sich nicht gerne an den Werbespot mit dem den kleinen Jungen, der als Alien verkleidet das Auto seines Vaters telepathisch in Bewegung setzen will? Oder die vielen Kinder, die mit Karius und Baktus fröhlich das Zähneputzen lernten?

Geschichten machen einen komlexen Sachverhalt lebendig.

In den Audioguides für Kinder in Museen beleben Stories mal näher am Geschehen mal entfernter, die Ausstellungsgegenstände. Besonders beliebt sind sie bei historischen Themen. Wieviel mehr können wir, nicht nur Kinder, erfahren, wenn wir einen Tag im Schloß nachempfinden, oder mit dem Burgherrn die Vorbereitungen für den Besuch des Königs durchgehen …

In den Naturwissenschaften kommen allerdings verschiedene Erzählsituationen zum Einsatz. Einige sollen hier näher betrachtet werden:

Geschichten aus dem Leben großer Forscher und Erfinder.

Wie fand Newton das Gesetz der Schwerkraft? Man erzählt sich, die Idee sei ihm gekommen, als er einen vom Baum fallenden Apfel beobachtete. Ob es stimmt wissen wir nicht, denn er fand diese Kraft, als er damit beschäftig war ein berühmter Mann zu werden. Da erzählt man viel, wenn der Tag lang ist. Trotzdem macht diese kleine Episode das Gesetz der Schwerkraft, die Newtonsschen Axiome authentisch, greifbar und damit auch be-greifbar.

Fantasiewesen beleben die zu entdeckenden Lebenräume

Knut, der Regenwurm will einen Tunnel bauen. Was braucht er dafür, was widerfährt ihm während seines Vorhabens? Fabelwesen führen die Leser direkt in ihre Welt.

Ein wunderbares Beispiel ist „Die Perle auf dem Hünerstall“ von Marion Pletzer. Mit Hühnern und Hennen, Ganter und Tauben tauchen wir in Welt im Hühnerstall ein. Leichtfüßig erfahren wir Grundsätzliches über die Lebensbedingungen des Federviehs.

Ausgedachte Geschichten, die real sein könnten und den Naturwissenschaften eine herausragende Funktion geben.

Zum Beispiel in der amerikanischen Krimiserie Numbers: Ein genialer Mathematiker hilft mittels Algorithmen und mathematischem Wissen Kriminalfälle zu lösen. Die Logik wird so erklärt, dass es auch der Laie versteht.

Zuschauer, Leser – die Menschen wollen sich weiterbilden, sie wollen Wissen

Sicher ist diese Auflistung nicht vollständig. Der Erfolg der Serie Numbers zeigt aber, dass Leser und Zuschauer auf so ein integriertes Wissen heiß sind. Sie wollen sich weiterbilden und Neues erfahren. Zudem klagen Universitäten und andere Ausbildungsstätten über zu wenig Nachwuchs.

Fazit: Die fachlichen Hintergründe müssen gut recherchiert sein und verlässlich stimmen. Dann bieten Geschichten eine zusätzliche Chance für die Naturwissenschaften, sich stärker zu verbreiten und ein großes Publikum zu erreichen.

Mehr zum Thema: Was ist Storytelling eigentlich?

Foto: Petra Bork / pixelio.de

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